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Nauders | Reschen

Grenzüberschreitender Fahrspaß für Pedalierwillige


Nur rund eine halbe Stunde abwechslungsreiche Autofahrt vom Bikepark Serfaus | Fiss | Ladis entfernt liegt Nauders am Reschenpass. Die kleine Gemeinde hat sich gemeinsam mit Reschen im angrenzenden Italien bereits als „3 Länder Endurotrails“ einen großen Namen in der Szene gemacht. 26 Singletrails gibt es aktuell hier und jedes Jahr kommen neue hinzu. Zwar ist auch diese Region nicht unbedingt günstig, aber man bekommt immerhin einen angemessenen Gegenwert für sein Geld (von unserer ersten Nacht dort mal abgesehen, aber das ist eine andere Geschichte). Apropos Geld: Geshuttelt wird hier wie von den Downhill Bikeparks gewohnt per Lift bzw. Gondel. Diese sind im Gravity Card Verbund und somit für viele Bikepark Shredder ohne Extrakosten nutzbar.





Dennoch ist die Region keine Spielwiese für Downhill Bikes, da von der Bergstation oft eine Transferstrecke zum eigentlichen Trail zu pedalieren ist. Andere Trails erreicht man überhaupt erst, nachdem man von der Bergstation rund eine Stunde über Forststraßen und Wiesenwege pedaliert hat. Enduro eben. Belohnt wird die Mühe mit einem unfassbar schönen Postkartenpanorama und fast unberührt anmutenden Naturtrails.

Wahrscheinlich schon beim ersten Anlieger, spätestens jedoch bei einer der offensichtlich gebauten neuen „Flowlines“ wird einem aber klar: Hier bauen nicht freiwillige Locals die Trails mit Schaufeln und Krampen (wie in Finale Ligure), hier beauftragt eine finanzstarke Hotelleriegemeinschaft den professionellen Trailbau.





Nachdem ich festgestellt hatte, dass die Region zu der bekannten „Blau- Rot- Schwarz“ Kategorisierung der Lines noch eine weitere Farbe – nämlich Grün - als leichteste Einstufung eingeführt hat, habe ich gleich mal so einen grünen Flowtrail unter die Stollen genommen. Familientauglich, flowig und mit vielen Wellen, die man mit etwas Übung auch springen kann, aber auch sehr glattgebügelt und zahnlos mäandert der Weg gen Talstation. Also mal kurz einen Blick in die Karte geworfen und eine Trilogie an Pfaden rausgesucht, die von der Bergstation der „Bergkastelbahn“ in Nauders über die Grenze nach Italien zum Reschensee führt.

Beginnend mit dem roten Almtrail, der gut flowig fahrbar ist, gelangt man zum blauen Plamort Trail, welcher viel Panorama aber auch einige Anstiege bietet und an einer historischen Panzersperre aus dem ersten Weltkrieg endet. Diese ist übrigens auch namensgebend für den Trail. Ab dort beginnt der rote Bunker Trail, dessen Einstufung einem stellenweise schonmal an seiner Selbstwahrnehmung zweifeln lässt, zumal es einige Tage davor starke Niederschläge gab, die zu einigen stark ausgewaschenen Sektionen geführt hatten.





Vorbei an einem historischen Bunkersystem führt die Strecke über einige wirklich steile Felsrampen mit Absätzen hinab ins Tal und man beginnt drüber nachzudenken, wie hier wohl ein schwarzer Trail aussieht, wenn die roten schon bekannte „schwarze“ Endurotrails, wie der X-Line am Saalbacher Schattberg, recht harmlos wirken lassen.


Das erfahre ich, als ich einige Abfahrten und eine ca. einstündige Tretpassage später über eine sattgrüne Almwiese, vorbei an zwei Bergseen, die pittoresker nicht sein könnten, in den schwarzen Elven Trail einbiege. Es ist steil, die Wurzeln sind zornig und liegen frei teilweise an die 20cm über dem Boden, die Felsen sind feucht und glitschig, mit fiesem, losen Geröll übersäht. Tja und wenn man denkt, es kann kaum noch ungemütlicher werden, kommen kurz von einer super engen 180° Kehre noch zwei Absätze mit ca. einem Meter Höhe.

Zum Überrollen sind sie zu hoch, also Manualdrop, aber bloß nicht zu weit, denn wenn man die Kurve nicht erwischt, landet man gut 100m tiefer am Fuße eines Felsvorsprungs. Kurz denke ich noch drüber nach, ob anstatt meines Troy Lee Halbschalenhelms und Enduroknieschonern hier nicht doch die Downhillpanier die bessere Wahl gewesen wäre, doch zum Stehenbleiben und kontrollierten Absteigen ist es sowieso viel zu schmal, zu steil und zu rutschig. Also Augen auf, konzentrieren und bloß keinen Fehler machen. Ich war mir kurz wirklich nicht ganz sicher, wie das hier ausgehen würde. Aber nach dem Erfolg auf dieser Passage bin ich innerlich sicher 5cm gewachsen. Solche Momente gab´s übrigens mehrfach. Später fand ich übrigens heraus, dass diese Passage eigentlich nicht zum genannten Trail gehörte. Ein dem Unwetter der Vortage zum Opfer gefallener Wegweiser und die dadurch falsch gewählte Abzweigung hatte mich auf einen Wandersteig geführt. Naja, soll sein.





Genug der Schaudergeschichten, denn der Fairness halber muss man auch sagen: Es gibt hier auch richtig flowige rote Trails, die stark an solche am Kronplatz erinnern. Einzig die oft spitzen Steine nötigten mich zum ersten Mal überhaupt einen Mantel von Schwalbes Super Gravity Serie flicken zu müssen und diesen unendlich schweren und am Enduro bisher eher als Overkill empfundenen Tire Inserts wie Cushcore und Co eine Berechtigung einzuräumen.

Wer hier übrigens breite Pisten mit sicher gebauten Stunts und fette Jumplines erwartet, wird hier wie da definitiv enttäuscht werden. Gelegenheiten für Sprünge gibt es zwar immer wieder, die Landungen sind aber ebenso stark naturbelassen und dementsprechend schmal. Wer hier abzieht, sollte wissen, wie man punktgenau landet.


Ich war - wie bei fast allen meiner Enduroausflügen - ohne Ellenbogenprotektoren unterwegs und habe diese bis auf einige kurze Momente auch nie vermisst. Knieprotektoren (am besten solche, mit denen man auch treten kann) würde ich aber unbedingt empfehlen. Ein Protektorrucksack – am besten mit Trinkblase- ist ebenfalls empfehlenswert. Beim Helm würde ich beim nächsten mal statt der Halbschale zum luftigen Enduro Fullface greifen. Es fühlt sich einfach richtiger an.


Zum Schluss noch ein klassischer Touri-Tipp: Unbedingt den fast schon kitschig wirkenden Kirchturm von Altgraun - er ist bei der Errichtung des Stausees Reschen mit dem gesamten Dorf in eben diesem versunken - ansehen. Ein Mahnmal mit Kulisse quasi...






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